9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Kulturpolitik

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 08.05.2024 - Kulturpolitik

Am "rabiaten Israel-bezogenen Antisemitismus" der Kunstszene zeigt sich für Andreas Schreiner in der NZZ auch ihr "Niedergang". Kunstveranstaltungen, egal ob Berlinale oder Literaturfestival, leiden, so Schreiner, "an ihrer zunehmenden gesellschaftlichen Irrelevanz. ... Das tiefere Problem ist: Viel Gegenwartskunst ist notdürftig getarnter Agitprop. Der Künstler performt seine Politik. Das Resultat ist natürlich noch nicht zwingend antiisraelisch, es ist nur meistens schlechte Kunst. Gleichzeitig wirkt diese propagandistische Kunst kaum noch auf die Gesellschaft ein. ... Der Künstler ist mit seiner zunehmenden Irrelevanz konfrontiert. Selbst wenn er Preise gewinnt, gewinnt er nicht merklich an öffentlichem Ansehen und Einfluss. Natürlich ist das ein Frust. Und an wem lädt er sich ab? Hier sind wir nun wieder bei Israel."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 06.05.2024 - Kulturpolitik

Daniel Bax fürchtet in der taz, dass israelbezogener Antisemtismus nun doch nicht mehr gefördert werden soll und dass Berliner Kulturpolitik weiterhin eine "Antisemitismusklausel" verwirklichen will, die aber nur "im Kleingedruckten verschwinden" soll. "Ihre Wirkung würde sie aber behalten. Denn die Antisemitismusdefinition der 'International Holocaust Remembrance Alliance' (IHRA), auf die sich der Berliner Senat stützt, stuft auch Meinungsäußerungen als 'antisemitisch' ein, die nicht eindeutig antisemitisch oder gar strafbar sind - Boykottaufrufe gegen Israel zum Beispiel."
Stichwörter: Antisemitismusklausel

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.05.2024 - Kulturpolitik

Sehr skeptisch analysiert Welt-Autor Thomas Schmid Claudia Roths "bunte" Rezepte für die Kulturpolitik und noch mehr ihr Konzept für eine neue Erinnerungskultur, in der er auch auch eine Art Versuch staatlicher Lenkung von Erinnerung wittert: "Es hat in der Geschichte der Bundesrepublik mehrere geschichts- und erinnerungspolitische Wendepunkte gegeben: die Verjährungsdebatten im Bundestag und der Öffentlichkeit, der Jerusalemer Eichmann- und der Frankfurter Auschwitz-Prozess, der 'Historikerstreit' der achtziger Jahre, die Debatte über das Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Stets waren das Entwicklungen, die von der Öffentlichkeit, von Historikern, Staatsanwälten, Künstlern, Schriftstellern in Gang gesetzt wurden. Claudia Roths 'Rahmenkonzept Erinnerungskultur' ist dagegen der erste Versuch, der Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit mit staatlicher Auctoritas verbindlich einen Rahmen zu geben und eine Richtung zu weisen. Autoritärer geht es kaum."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 02.05.2024 - Kulturpolitik

In der Zeit diskutieren der Architekt Philipp Oswalt und der SPD-Politiker Wolfgang Thierse, der den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses mit vorangetrieben hat und auch dem Rat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz angehört, über Oswalts Vorwürfe, für das Bauprojekt wären Spenden von Rechtsextremen akzeptiert worden (unser Resümee). Thierse betont die "aufklärerische Arbeit" des Humboldt-Projektes, die wichtiger sei als die Gesinnung weniger Spender: "Wir dürfen uns doch dadurch, dass Menschen aus falschen Motiven das Humboldt Forum loben, nicht beeinträchtigen lassen in der Arbeit für die kulturelle Zukunft unseres Planeten. Das würde ja eine geradezu gespenstische Lähmung hervorrufen." Oswalt hingegen attestiert den Verantwortlichen eine unreflektierte "Idealisierung des Preußentums": "Herr Thierse spricht von der Wiedergewinnung von Geschichte, damit meint er sicherlich die preußische Geschichte und das Kaiserreich, die Zeit vor 1918. Ohnehin scheint es in der SPD eine Sehnsucht nach diesen großen preußischen Symbolen zu geben, namhafte Parteimitglieder haben sich ja auch für die Wiedererrichtung der Potsdamer Garnisonkirche eingesetzt. …Was für ein Selbstverständnis wird da der heutigen Gesellschaft eingebaut?"

Auf Spon verteidigt der Historiker Jürgen Zimmerer, einer der Hauptvertreter der postkolonialen Idee, Claudia Roths umstrittenes Konzept für eine neue Erinnerungskultur (Unser Resümee): das Einbeziehen von Kolonialismus und migrantischen Standpunkten sei nur konsequent, meint er. "Deutschlands Erinnerungskultur steht seit Längerem vor einem Dilemma. Bei heutigen Schülerinnen und Schülern, an die sich viele Angebote der NS-Gedenkstättenarbeit richten, sind nicht einmal mehr die Großeltern im Zweiten Weltkrieg geboren und damit unmittelbar persönlich in die Verbrechen involviert - wenn diese Großeltern überhaupt im Gebiet des Deutschen Reiches lebten. Deutschland ist längst ein Einwanderungsland geworden, Migration Bestandteil vieler Familienbiografien. (...) Als eine der zentralen Lehren aus dem Rassenwahn der Deutschen ergab sich die Absage an jegliches völkisches Konzept von Deutschsein. Auch deshalb ist das Konzept aus dem Hause Roth so wichtig. Denn es erkennt die Migrationserfahrungen in Deutschland an und bringt sie in einen erinnerungspolitischen Zusammenhang mit den Verbrechen des Nationalsozialismus. Eine offizielle Würdigung der Migrationsgeschichte als Teil einer neuen, post-völkischen deutschen Identität ist eine Überwindung des nationalsozialistischen Wahns an zentraler Stelle."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.04.2024 - Kulturpolitik

Gestern Abend stellte Claudia Roth ihr umstrittenes Konzept für eine neue Erinnungskultur vor - als Ort hat sie das Haus der Kulturen der Welt gewählt. Leider wurde die Veranstaltung nicht so harmonisch, wie sich das Roth erhofft hatte, berichtet Susanne Lenz in der Berliner Zeitung: "Kaum steht die Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf der Bühne, geht es los: Sieben oder acht Personen mit Palästinensertüchern stürmen auf die Bühne, entrollen eine Palästinafahne und rufen 'Viva, viva Palästina' und 'Genozid'... Dann ist erstmal Ruhe, aber die Stimmung ist hin. Keine offenen Herzen, sondern Anspannung."

In der SZ gibt Jörg Häntzschel einen Überblick über die Zerstörung von Kulturstätten in Gaza: "Der schwerste Verlust in Gaza-Stadt ist wohl die Omar-Moschee, die am 7. Dezember getroffen wurde, das älteste und bedeutendste Bauwerk im Gazastreifen. Einst stand ein Tempel dort, dann eine byzantinische Kathedrale, im 7. Jahrhundert wurde die Moschee errichtet. Beschädigt wurde sie oft, von Mongolen, Kreuzfahrern und den Briten im Ersten Weltkrieg, immer wurde sie wieder aufgebaut. Nun ragt nur noch das Minarett aus dem Schuttberg. Forscher fürchten, dass auch die Bibliothek verloren ist, die eine bedeutende Sammlung islamischer Manuskripte enthielt. Weitere wichtige Gebäude in der Umgebung sind ebenfalls zerstört, wie Fotos belegen. So der Hammam al-Samra, das einzige von einstmals fünf öffentlichen Bädern in Gaza und mehr als tausend Jahre alt."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 25.04.2024 - Kulturpolitik

Im Tagesspiegel-Interview mit Rüdiger Schaper erklärt der Berliner Kultursenator Joe Chialo, dass er den deutschen Kolonialismus mehr in die deutsche Erinnerungskultur rücken möchte. "'Opferkonkurrenz' ist immer wieder ein Problem, sie bringt uns aber nicht weiter. Erinnerung ist kein Nullsummenspiel. Deutschland muss seine koloniale Vergangenheit aufarbeiten und die Opfer würdigen. Es muss auch die Frage stellen, was damals die Beweggründe waren, in Afrika Kolonien zu erobern... Und nach wie vor beeinflussen die damals aufgezwungenen Strukturen unser Verhältnis zu Afrika und anderen ehemaligen Kolonien sowie unser Denken und unser Handeln." Chialo nimmt außerdem die postkoloniale Bewegung - teilweise - vor dem Vorwurf des Antisemitismus in Schutz: "Es gibt auch bei uns eine starke postkoloniale Bewegung. Wir erleben, dass punktuell postkoloniale Positionen und antisemitische Positionen zusammenfallen. Aber es ist mir wichtig, dass hier nicht ganze Teile der Bevölkerung unter Generalverdacht gestellt werden. Viele Menschen aus dem afrikanischen und arabischen Raum schauen anders auf die israelisch-palästinensische Geschichte und den Nahost-Konflikt als wir das traditionell in Deutschland tun."

Berliner Stadtschloss, die 1.583ste. In seinem Beitrag in der FAZ wünscht sich der Schriftsteller Friedrich Dieckmann, man könnte statt über die politische mal über die städtebauliche Bedeutung der viel kritisierten Kuppel sprechen: "Sie ist evident, sie fällt ins Auge, und so tut es die städtebauliche Bedeutung des wiedergewonnenen Schrägblicks auf die Nordfassade des Baus, deren außerordentliche Schönheit die immer noch laut werdenden Gegenstimmen gegen die Schlüter-Eosander-Erneuerung längst hätte entkräften müssen. So viel Gelungensein, Differenzierung im Kleinen und Maßgerechtheit im Großen, haben wir nicht verdient, scheint der Chorus der Widerstrebenden sagen zu wollen, aber das traut er sich nicht, sondern spricht von verdächtigen politischen Tendenzen, die sich hinter dem Bau verbergen könnten, gerade so, als wäre der Deutsche Bundestag, der ihn in den Volumina des Schlosses und mit seinen barocken Fassaden mit überparteilicher Mehrheit beschlossen hat, eine von rechten Kräften unterwanderte Institution gewesen." Und die "verschrobene" Inschrift? Hätte man gar nicht lesen können, hätte man auf das wenig denkmalsgerechte Restaurant in der Kuppel verzichtet.

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.04.2024 - Kulturpolitik

Wieder einmal lädt die Ruhrtriennale für September einen Künstler ein, der einen besonders aggressiven BDS-Aufruf unterschrieben hat, den belgischen Choreografen Jan Martens. Der Intendant der Ruhrtriennale, Ivo van Hove, versichert zwar, dass Martens den 7. Oktober verurteile und ein Existenzrecht Israels anerkenne. Aber Ruhrbaron Thomas Wessel reicht das nicht: Er fordert, dass sich die Institutionen endlich mit dem BDS-Phänomen inhaltlich auseinandersetzen. "Beispiel Jan Martens: Einerseits erklärt er, die Gründung des Staates Israels habe eine 'Siedlerkolonialherrschaft' begründet, die habe seit Anbeginn 'ethnische Säuberung' betrieben, so dass es unmöglich sei, 'zwischen dem israelischen Staat und seiner militärischen Besatzung' zu unterscheiden, will sagen: Israel und die sogenannten besetzten Gebiete zusammen bildeten 'ein einziges Apartheidsystem'  -  andererseits erklärt Martens jetzt, er erkenne das Existenzrecht dieses 'einzigen Apartheidsystems' an. Einerseits delegitimiert und dämonisiert er Israel, andererseits wendet er sich 'gegen jede Form von Antisemitismus'. Einerseits lässt er glauben machen, 'mögliche Alternativen für unsere zukünftige Welt' entwerfen zu können, andererseits demonstriert er aller Welt, dass er sich  -  Zitat: 'Israel ist die kolonisierende Macht. Palästina ist kolonisiert. Das ist kein Konflikt: das ist Apartheid'  -  allenfalls Kinderreime auf sie macht."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.04.2024 - Kulturpolitik

Die (scheidende) Präsidentin des Goethe Instituts, Carola Lentz, 69, äußert sich im Gespräch mit Julia Encke von der FAS doch recht eirig in Fragen der Politik des Hauses beim jüngsten Streit um Antisemitismus im Kulturbetrieb und Ausladungen von Kulturakteuren, die dem Israel-Boykott anhängen. Schon im Januar hatte sie im Spiegel eine Atmosphäre des "Kulturkampfs" beklagt und sich ganz im Sinn des "Weltoffen"-Papiers gegen die IHRA-Definition des Antisemitismus ausgesprochen, die auch israelbezogenen Antisemitismus einschließt. Die Positionierung für die eine Seite bedeutet dummerweise nur immer auch eine gegen die andere. Encke fragt Lentz etwa zur Autorin Ronya Othmann, die in Pakistan nicht auftreten konnte, weil sie von einer BDS-Anhängerin, die ihre Veranstaltung moderieren sollte, als islamophob denunziert worden war (unser Resümee). Auf die Frage, ob man noch einen jüdischen deutschen Schriftsteller nach Pakistan einladen könnte, antwortet Lentz ausweichend: "Die Frage der Sicherheit kann man nicht nur aus Deutschland heraus beantworten. Sie muss vor allem vor Ort geklärt werden. Hier ist die Expertise unserer Mitarbeiter vor Ort essenziell." Und betont, dass man diese Fragen doch nicht so in den Vordergrund stellen sollte: "Wir reden jetzt über einige wenige Fälle, wo massive Probleme auftauchen. Wir reden nicht über die 14.090 anderen, wo ganz fruchtbare und wunderbare Begegnungen zustande kommen."

In der selben FAS ist Othmann ziemlich genervt von dem Wort "provinziell", das immer dann ausgepackt wird, wenn kritisiert werden soll, dass israelkritische bis antisemitische Kulturakteure in Deutschland ab und zu ein bisschen Ärger kriegen. "Als wäre der Gipfel der Weltgewandtheit genau dort zu finden, wo irgendwelche Boykottbriefe unterschrieben, israelische Wissenschaftler und Künstler ausgegrenzt werden (auch wenn sie noch so sehr die rechte Regierung Netanjahus kritisieren), wo undifferenziert mit Begriffen wie 'Apartheidsystem' und 'Genozid' hantiert, wo über den Nahen Osten gesprochen wird, als gäbe es keinen Islamismus, keine Diktaturen und keinen jahrzehntelangen iranischen Terrorexport. ... Sieht man genau hin, spricht aus dem Argument, in anderen Kontexten gelten halt andere Sitten, und aus den Provinzialität-Warnrufen auch ein Kulturrelativismus. Man macht es sich damit sehr leicht. Man wolle die Gesprächskanäle offen halten." Gerade hier erkennt Othmann die Selbstprovinzialisierung: "Das Gegenkonzept dazu wäre der offene Streit."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.04.2024 - Kulturpolitik

"Nehmt die Kulturpolitik endlich Ernst!", ruft Björn Hayer in der FR der für uns in die EU-Wahlprogramme der großen Parteien geschaut hat. Bei SPD und CDU findet er kaum etwas zu diesem Thema - die AfD wiederum scheint die Wichtigkeit erkannt zu haben, was Hayer durchaus beunruhigend findet: "Unter dem Deckmantel der Subsidiarität soll beispielsweise die Vorstellung einer europäischen Kulturgemeinschaft zugunsten der Stärkung nationalistischer Identitätspolitik aufgelöst werden." Hayer plädiert dafür, vor allem Kulturinstitutionen in ländlichen Gegenden zu stärken, um die Vielfalt dort zu fördern : "Und wäre nicht erst recht eine solche Kulturpolitik durch und durch europäisch? Eine, die individuelle Koloraturen auf regionaler Ebene fördert, ohne sie in irgendeiner Weise vereinheitlichen zu wollen? Trägt es nicht gerade dem EU-Slogan 'In Vielfalt geeint' Rechnung, eine wohlmeinende Akzeptanz des Anderen zu leben? Routiniert debattieren die Kandidatinnen und Kandidaten bei jeder Wahl zum Europäischen Parlament die Frage, was europäische Identität ausmache. Vielleicht ist aber eben schon die Frage nicht mehr zeitgemäß, weil dieses Gebilde unterschiedlicher Staaten bisher nur gelingt, weil man ihre Heterogenität zulässt und bestenfalls sogar an der Auseinandersetzung mit ihr wächst. Möglich ist dies allerdings nur auf Basis geteilter Werte wie Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit."

Im Interview mit der Berliner Zeitung bekräftigt der Architekt Philipp Oswalt seine Vorwürfe gegen die Humboldtstiftung (unser Resümee). Spender aus dem rechten Milieu hätten Einfluss auf die Gestaltung der Kuppel genommen, so Oswalt. Der ursprüngliche Entwurf des Architekten Frank Stella sei illegitimerweise überarbeitet worden: "Die Stiftung lügt, wenn sie sagt, dass es keinen Einfluss der Spender gegeben hat. Die zusätzlichen Rekonstruktionen waren nicht durch den Grundsatzbeschluss von 2002 abgedeckt, und deshalb auch nicht haushalterisch unterlegt. Das heißt, das musste durch Spenden finanziert werden. Das war allen Beteiligten klar. Die Politik sah sich dann in der Pflicht, Spenderwünschen nachzukommen. Und es ist ja auch eigentlich nicht problematisch, dass bei einem Projekt, bei dem es eine zivilgesellschaftliche Teilhabe gibt, eine Mitgestaltung erwünscht ist. Das wird nur deshalb heikel, weil dabei auch rechtsradikale Positionen eine Rolle gespielt haben."
Stichwörter: EU-Wahlen, AfD, CDU, SPD, Oswalt, Philipp

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.04.2024 - Kulturpolitik

Andreas Kilb attestiert Claudia Roth, der Staatsministerin für Kultur in der Bundesregierung, "umfassendes kulturpolitisches Versagen". Im Leitartikel der FAZ zählt er die Politikfelder auf, in denen sich dieses Versagen manifestierte. Da ist natürlich der Umgang mit Antisemitismus im Kulturbetrieb. Hinzukommen aber auch sehr konkrete Missstände in der Preußen-Stiftung, in der Erinnerungspolitik oder in der Filmförderung. Roth wird einen "Scherbenhaufen des Unvollendeten" hinterlassen, prognostiziert Kilb, und für einen Wechsel an der Amtsspitze sei es zu spät. Für Kilb liegt Roths Versagen in ihrem Politikverständnis begründet: "Die frühere Parteichefin der Grünen sieht das Amt, das sie vor zweieinhalb Jahren angetreten hat, offenbar nicht als kulturpolitische, sondern als aktivistische Aufgabe an. Sie genießt es, vor Publikum über Kunst und Kultur, Demokratie und Vielfalt zu reden, doch die politische Kärrnerarbeit, die solche Predigten erst plausibel macht, ist ihr fremd. 'Wie eine Löwin' wolle sie für ihre Klientel kämpfen, hat Roth gelegentlich erklärt. Aber Kulturpolitik ist nicht die Serengeti, sondern ein Handwerk."